Modell für einen Apostel

Der berühmte Maler Uhde sah Bruckner in München und beschloß sofort, diesen Charakterkopf als Vorbild für einen Apostel seines Abendmahles zu verwenden. Bruckner, von einem Freunde des Künstlers um eine Sitzung gebeten, lehnte erst ab mit der Begründung: "Aber i bin do(ch) ka Jud net!" Zur weiteren Begründung fügte er dann bescheiden hinzu: "Ich bin auch gar nicht würdig, als Apostel beim Heiligen Abendmahle zu sitzen!"
Uhde fand aber doch am nächsten Tag die ersehnte Gelegenheit, Bruckners Kopf heimlich zu skizzieren. Als dann das vollendete Werk "Das letze Abendmahl" Uhdes, im Wiener Künstlerhaus ausgestellt war, führte ein Freund Bruckner hin und sagte ihm lächelnd: "Schau her, du bist ja doch darauf!" – "Ah, ah!" erwiderte Bruckner staunend und blieb noch lange, wortlos und tief ergriffen, vor seinem Abbild als Apostel stehen.

Quelle: Hans Commenda: Geschichten um Anton Bruckner", Verlag H.Muck